Literatur und kleine Geschichte zu Nondra: Über das Träumen, die Achtsamkeit und die Erde…
Wer jagt wen? Unsere Ahnen berichteten uns davon. Ist es die Sonne, die den Mond jagt? Vielleicht ist auch der Mond, der jeden Tag die Sonne verfolgt.
Wie dem auch sei, auch wir Menschen erleben täglich eine derartige Hatz. So sind wir dem ewigen Wechsel zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit ausgesetzt. Wir sind wiederholt wach, und wir schlafen wiederholt. Liebe Nondra, ich bin sehr besorgt um mein Ich.
Nahezu jeden Tag entgleitet es mir.
Es gibt einen Ort jenseits meiner Träume. Dort bin ich im Irgendwo und mein Ich, es ist scheinbar meiner Kontrolle vollkommen entzogen. In meiner Bewusstlosigkeit gibt es kein Licht, jedoch auch keine Dunkelheit. So gibt es dort auch keinerlei Farben, keine Gerüche, und es herrscht Stille. Gefühle gibt es nicht zu fühlen. Wirklich kaum vorstellbar ist das. Sehnsüchte und sogar die Liebe, der Du so gerne eine gewisse Allmacht und Transzendenz zuschreibst, sie ist dann und dort nicht präsent. Ja, sogar die Frage nach dem Dann und dem Dort, sie zu stellen, liebe Nondra, das bin ich dann und dort nicht mehr in der Lage.
Doch plötzlich ist der ganze Spuk vorbei. Ich erwache aus der Bewusstlosigkeit. Entweder befindet sich mein Ich zurück in einem Traum im Schlaf in meinem Bett – oder einfach nur in meinem Bett. Laune, Licht und Liebe sind wieder da, als wären sie nie fort gewesen. Es ist beängstigend. Ist mein Ich auf Reisen, dann gibt es diese Welt nicht und dich, mein Schatz, dich gibt es dann und dort auch nicht mehr. Meine innige Liebe zu Dir, sie ist verschwunden. Es ist zum Verzweifeln. Sie wurde einfach irgendwo in meinem Bewusstsein zurückgelassen. Ich vermisse sie nicht einmal. Es gibt dort und dann keine Erinnerung an sie, nicht an die Welt und nicht an meine Träume. Ist mein Ich jedoch wieder zurückgekehrt, scheint wieder alles genau so, als wäre nichts geschehen. Nur erinnere ich mich an das Dort und Dann nicht mehr, an dem mein Ich so lange war. Was hat es dort gemacht, was empfunden und wahrgenommen? Ich bin jetzt vermehrt hin und her gerissen zwischen dem Unscheinbaren und dem Scheinbaren, dem Offensichtlichen und dem Okkulten.
Du liebst mich. Doch wen liebst Du eigentlich, ist doch mein Ich die meiste Zeit an einem Ort, der vollkommen ungewiss ist. Eigentlich misstraue ich mir inzwischen sogar schon selbst. Sind beide Seiten gleichwertig zu betrachten, was aus meiner Sicht sinnvoll erscheinen würde, dann ist kaum mehr etwas so, wie es sich mir zuvor offenbarte. Alles sollte neu bewertet werden. Zeit, Raum, Licht und Farbenspiel, das sind offenbar Illusionen und beliebig veränderbar. Nondra, die Erde dreht sich nicht. Nichts bewegt sich wirklich. Ich bin lediglich dem Sichtvermögen meines Ichs unterlegen – in einem ungewissen Universum.
Autor: © Alexander Rossa 2024
Links zum Thema
Wikipedia: Traum