Hell und dunkel

Hell und dunkel

Das ewige Spiel zwischen Tag und Nacht, zwischen hell und dunkel, ihr und ihm.
Seine Pupillen weiten sich, begegnet er der Anmut der Dunkelheit…

»Was ist es nur, was uns das Licht so schön erscheinen lässt?«

»Es ist die Dunkelheit, mein Herr. Es ist die Dunkelheit.«

Während sie antwortete, fielen schwarzen Locken über ihr mädchenhaftes Gesicht. Sie hatte wunderbar grüne Augen, die sich glänzend von ihrem brünetten Haar abhoben. Wie zwei grosse Smaragde leuchteten sie ihn an, während er über ihre Worte nachdachte. Er hatte nicht mit so einer Antwort gerechnet und wusste nicht, ob er entsetzt und aufgebracht sein sollte, oder diese junge Frau einfach nur ein törichtes Dienstmädchen war, das einfach nicht wusste, was es sagte.
Doch das tat sie, und wie sie das tat.


»Herr, ihr seid ein gläubiger Mensch und in den hellen Strahlen eures Gottes gefangen. Um frei zu sein, müsst ihr das Licht hinter euch lassen und euch von  dem Licht, in die Dunkelheit begeben. Nur auf diese Weise könnt ihr verstehen, wieviel die Dunkelheit den Menschen bedeutet.«

»Was bildest du dir ein, du dummes Ding, mit mir auf diese Art zu sprechen?!«, entsetzte er sich.

»Ihr hattet mich gefragt, mein Herr, und ich habe nur geantwortet.« Sie wollte sich schon umwenden, um den Raum zu verlassen, als er sie jedoch erneut anrief.

»Bleibt. Ich war ungerecht. Es ist ein Frevel an unserem allmächtigen Gott, die Dunkelheit zu lieben und zu ehren. Ihr werdet meine Wut sicher verstehen, Kind.«

»Nein, ich verstehe sie nicht, mein Herr.« Ihre grünen Augen strahlten ihn freundlich und wach an. Sie war jung und eine wirklich unglaubliche Schönheit, und das wusste sie nur zu gut.

»Ja, ich vergass für einen Augenblick, daß du nur ein törichtes Dienstmädchen aus einfachem Haus bist. Wie kannst du auch wissen, dass nur das Böse und die Pest in der Dunkelheit zu finden ist?«

»Auch wenn ich nur ein einfaches Dienstmädchen bin, so scheint die Sonne wohl auch für mich, ebenso wie für den Mond, der die buntesten Blumen auf den Wiesen grau werden lässt. Ohne die Sonne kann er das nicht. Doch wenn nur das Böse in der Dunkelheit zu finden ist, so frage ich mich, warum Gott nicht ebenso dort zu finden ist. Fürchtet er sich womöglich selbst vor der Dunkelheit? Ist er dann wirklich allmächtig, wenn er sich fürchtet?«

Diese Frage behagte ihm nicht. Er kratzt sich an seinem rechten Ohr, während er zur alten Standuhr in der Ecke sah, deren langer Pendel erhaben ausschlug.

»Gott fürchtet nichts und niemanden. Es ist vermessen und lästerlich, anders zu denken. Doch er hat uns das Licht geschenkt, damit wir nicht ständig von dem Bösen versucht werden. Das Böse meidet das Licht, wie du wissen solltest, Mädchen.«

»Dann werden häßliche Kriege nur in der Nacht geführt, und Böses geschieht nur in der Dunkelheit, mein Herr? Ist das wirklich so? Soll ich das wirklich so glauben? Mir scheint nicht…«

»Natürlich nicht, mein Kind. Gott will uns alle damit doch nur prüfen. Das ganze Leben ist eine Prüfung für uns, eine Prüfung Gottes.« Er bemerkte, wie sein Blick auf ihren wohlgeformten Brüsten einen Augenblick verweilte, die augenscheinlich sehr gegen die Enge ihres Gewandes zu kämpfen hatten. Er empfand diese Enge in diesem Augenblick, als eine regelrechte Schande und versuchte sich vorzustellen, wie ihre Brustwarzen wohl aussehen mochten. Es erschien ihm unmöglich zu sein, dass sie klein und zierlich waren, bei so einer rassigen und wilden Frau.

»So will uns das Böse stets in Versuchung bringen, und der allmächtige Gott uns also alle prüfen? Ich versteh das nicht und entschuldige mich dafür aufrichtig. Doch ich würde es wohl eher vorziehen, in den Weiten der Finsternis versucht, als im begrenzten Licht, mit viel Leid und Schrecken, geprüft zu werden. Warum lässt uns Gott so sehr leiden und stellt dieses Leid auch noch gut ausgeleuchtet in der Dunkelheit aus, mein Herr? Es scheint mir fast, er ist stolz auf diese Schrecken und die Qualen seiner Geschöpfe.«

Sie hatte natürlich seine nicht minder gierigen Blicke auf ihren Busen bemerkt und genoss es ein wenig, von ihrem Herrn begehrt zu werden. Niemals hätte sie sich ihm jedoch hingegeben oder ihm auch nur den Anblick ihrer Nacktheit geschenkt. Doch sie mochte Männer, die sich im grellen Licht, ihrer bubenhaften Ängstlichkeit hingaben. Für sie jedoch, für sie hatte das Licht nur eine sehr nebensächliche Bedeutung. Sie war ein Kind der Nacht, in ihren Adern floss schwarzes Blut, und ihre finstere Anmut ließ sie in jedem noch so kleinsten Schatten, zu einer exotischen Schönheit erblühen.

„Da, siehe nun selbst, mein Kind! Du hast nicht die geringste Ahnung von der Philosophie Gottes. Wir leben in dem Licht, das der Allmächtige uns geschenkt hat, in einem Universum der Finsternis, das von dem prächtigen Königreich Gottes umgeben ist, welches auf purem Licht und Güte gegründet wurde. Wir werden alle irgendwann einmal zu seinem Licht, zu einem Licht in der Dunkelheit des Seins. Kannst Du das wirklich nicht verstehen, du dummes Ding?« Er war erregt, schwitzte plötzlich und sein Mund war trocken.

Sie deutete leicht an, sich mit ihrer Zunge sinnlich über die samtenen Lippen zu lecken, während sie ihn mit ihren grünen Augen fast schon frech ansah. Sie spürte deutlich das Knistern zwischen ihnen. Die junge Frau konnte seine Gier nach ihrem Körper fast schon riechen und zupfte ein wenig verspielt an den Bändern ihres dünnen Oberteils. Seit ihrer Kindheit war sie jener Welt zugetan, die von den Herrschaften Gottes gemieden wurden, weil sie dem Licht ihres Herrn widersprachen. Die Nacht jedoch, sie ließ das arme Dienstmädchen jedoch immer wieder zu einer wahren Königin erblühen. Sie wandelte und spielte in den Gärten, die durch den Mondschein ergraut worden waren. Ihre Puppen, sie lachten nie, waren niemals warm und kuschelig. Nein, ihre Gefährten waren stets die kalten Monster aus Stein, jene Gargoyles in den Lustgärten der Herrschaften, deren Kälte und schrecklichen Grimassen in der Dunkelheit, stets zu ihrem ganz eigenen Leben erwachten.

»Ja, mein Herr, ich bin sehr wohl schrecklich dumm und verstehe nicht viel von dem, was ihr mir hier erzählt. Doch wozu ist alles dieses Licht nur so wichtig, um darauf ganze Paläste zu errichten? Ist es nicht so, daß es uns in die Versuchung bringt, unseren Ängsten zu entfliehen? Es gaukelt uns nur eine wahrhaft scheinbare Sicherheit vor? Hat das Licht und das göttliche Brimborium uns dann erst einmal für sich eingefangen, werden wir immer wieder und wieder durch Gott geprüft. Es sind Prüfungen, die oft eher einer Art Folter gleichen. Gott sitzt dabei wie eine Spinne in seinem Palast und ergötzt sich daran. Fast erscheint es mir so, mein Herr, als würde er gierig danach sein, uns alle schrecklich leiden zu sehen. Warum leuchtet er das viele Leid sonst so sehr mit seinem Licht aus?«

Er lachte laut auf, empfand sie naiv und pöbelhaft, und sein Lachen schallte in dem großen Raum, als würde ein großes Untier tief grollen und in wütendes Bellen verfallen.

Sie empfand plötzlich Angst, wich ein wenig zurück. Ihr junges Mädchenherz krampfte sich kurz zusammen. Sein Gesicht war gut ausgeleuchtet. Die Gier nach ihrem Körper, sie war bei ihm augenblicklich purer Boshaftigkeit gewichen. Er widerte sie plötzlich an.

»Du lästerst Gott, du albernes Geschöpf. Ich dulde das nicht in meinem Haus!«, fuhr er sie laut an.

Der Raum war ihr plötzlich zu hell. Kein kleiner Schatten war ihr mehr zugetan, oder in der Nähe auszumachen. Ängstlich wich sie weiter zurück. Wütend kam er nun auf sie zu und griff ihr grob und gefährlich an den zierlichen Hals. Er würgte sie. Dabei fiel sein Schatten auf ihr Gesicht, und gab ihr atemberaubendes Antlitz wieder ein klein wenig frei. Die Wut wich sofort aus seinen Augen. Er drehte die junge Frau ein wenig im Raum herum. Sein Schatten blieb zurück, und ihr Gesicht wurde plötzlich wieder ausgeleuchtet. Sofort kam auch die Wut zurück und mit ihr, wurde auch der Griff des Mannes wieder stärker. Sie keuchte nach Luft, wurde schwach.

»Du kleine Hure! Ich werde Dir zeigen was es bedeutet, in meinem Haus Gott zu lästern.«, schrie er sie an, als wäre er wie von Sinnen. Er warf sie mit grosser Wucht brutal quer durch den Raum in eine dunkle Ecke hinein. Doch dann, als er sich ihr wieder zuwenden wollte, erkannte er im kraftvollen Dunkel des Schattens, das wirre, schwarze Haar des Mädchens. Ihre lockigen Haare hatten sich prächtig über den zierlichen Kopf gelegt, während ihr Gesicht nach unten gewandt war, um zitternd Schutz zu suchen. Er hörte ihr Keuchen, und es erschien ihm plötzlich ungemein sinnlich. Im düsteren Grau der Ecke, dort wirkte ihre Gestalt viel zerbrechlicher, und die Haut auf ihrem schmalen Nacken, sie schimmerte ungemein seidig. Er hielt augenblicklich inne. »Was war das nur, für eine teuflische Magie, die hier wirkt?«, so dachte er sich.

Langsam drehte sie ihm ihr Gesicht zu, und das Gesicht einer wilden Schönheit nahm ihn augenblicklich gefangen. Sein Mund war halb geöffnet. Sein Atem ging laut und stoßend. Die junge Frau stand langsam auf, und gewährte ihm dabei einen dezenten Blick auf ihr ansprechendes Dekolleté. Er war völlig verwirrt, fast schon raffiniert verzaubert. In der Dunkelheit erschien ihm dieses Dienstmädchen, als wäre es eine herausfordernde Amazone der Nacht. Ihre Schönheit war fesselnd, und er konnte sich ihr nicht entziehen. Sah er sie an, wollte er sie einfach nur für sich haben. War dieses alles nur ein Werk des Teufels?

Sie lächelte ihn sanft an und hielt ihn mit ihrem grünen Feuer in den Augen gekonnt gefangen. Wieder war die Geilheit in ihm entflammt, die unermüdlich fordernde Gier, diesen weiblichen Körper genießen und besitzen zu können. Während sie langsam den Raum durchquerte, folgten seine lüsternen Blicke ihrer Weiblichkeit auf Schritt und Tritt. Keinen Augenblick liess er von ihr ab, und er spürte die Flamme der Leidenschaft in sich brennen.

Sie jedoch, immer wieder löschte sie Kerzen auf ihrem Weg zur großen Tür. Der Raum verfinstert sich allmählich.

Er folgte ihr langsam durch den Raum fast so, als wäre sie Geist.

»Es war nicht so gemeint. Entschuldige. Ich wußte nicht, was ich tat. Dazu hatte ich kein Recht.«, stammelte er dabei vor sich hin und dachte dabei nur noch an ihrem Körper. Ihr wacher Blick folgt ihm. Sie nickt langsam, spürte dabei sein Begehren durch die Kleider, bis auf die Haut. Nur das herunter gebrannte Kaminfeuer, es erhellte den Raum jetzt noch ein wenig. Immer wieder blickte er an ihrem Körper hinab. Sie spürte, wie seine Blicke immer fordernder wurden. Dann öffnete sie vorsichtig die schwere Holztür hinter ihrem Rücken. Sie drehte sich um. Plötzlich spürte sie ihn an ihrem Rücken. Seine Finger griffen ihr an die Seite, an ihre Oberschenkel, suchten hektisch nach Haut. Sie stöhnte laut auf, war auf diesen schweren Körper nicht gefaßt gewesen. Er drängt sie gegen die Tür. Sein Atem ging stossweise. Seine Finger drangen unwirsch und hektisch bis zu ihrer Scham vor. Doch die Tür, sie war schon leicht geöffnet. Sie presste kraftvoll die Luft aus ihrem Brustkorb. Ein tiefes und gefährliches Knurren entwich ihrem sinnlichen Mund.  Es war ein erstaunliches, unwirkliches Geräusch, als wäre nicht von dieser Welt. Augenblicklich liess er von ihr ab und wich erschrocken zurück. Er sah sie mit aufgerissenen Augen an. Schon war sie durch die Tür, nach draussen entschlüpft. Das schwere Holz der Tür, es fiel krachend in das alte Schloss.

Autor: © Alexander Rossa 2024

Links zum Thema
Wikipedia: Die Nacht
Zeit.de: Die Nacht Sie ist die dunkle Schwester des Tages, geheimnisvoll und mächtig.

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