Mama soll nicht weinen

Mobbing: Mama soll nicht weinen

Mobbing in der Schule, das ist Tragik im Alltag unserer Kinder…

Fremde Menschen, sie hassen mich. Kann das sein? Ich blicke sie freundlich an. Doch sie weichen mir aus. Dabei suche ich Freunde. Mein größter Wunsch, das sind Freunde. Ich mag Menschen. Spreche ich sie an, erhalte ich knappe Antworten. Sie wenden sich ab. Ein seltsamer Ton schwingt mit.

Er verletzt mich. Wort für Wort, so stechen sie damit zu. Immer wieder treffen sie mich, nur weil ich anders bin. Sie zeigen auf mich und lachen laut.

Ich kämpfe gegen Tränen. Tränen sind Benzin im Feuer. Schreien könnte ich. Einfach nur fortlaufen, das wäre eine Lösung. Aber ich sitze nur da und blicke auf mein Butterbrot. Salamischeiben schauen an dessen Seiten hervor. Ein ganz einfaches Graubrot ist es. Für mich jedoch, ist es pure Liebe. Meine Mutter hat es mir bereitet. Ganz früh ist sie aufgestanden, um mir zu helfen. Immer ist sie ganz lieb zu mir, auch wenn ich noch müde bin. Sie hat es in die blaue Dose gepackt und mir zärtlich über den Kopf gestreichelt. Dabei bin ich eigentlich schon zu alt dafür. Sie ist immer für mich da. Doch hier und jetzt, da bin ich einsam. Ich fühle mich ohnmächtig und hilflos.

Sie schreien mich an, haben ihre Smartphones in der Hand. Sie gieren nach Fotos von mir und meinem Leid. Jedoch blicke ich nicht auf. Stur ist mein Blick gesenkt. Ein Mädchen tritt mich. Es schmerzt. Kein Lehrer sieht es. Mag sein, daß sie es nicht sehen wollen. Ich weiss es nicht. Auf dieses einfache Brot in meiner Hand blicke ich. Es ist die Erinnerung, die mich vor dem Weinen bewahrt. In den Pausen ist es alles, was ich habe. Das ist es doch, was sie sehen wollen. Sie wollen Tränen sehen. Ich denke immer wieder an das Gesicht von Mama. Ich habe sie lieb. Sie soll keinen Sorgen mit mir haben. Doch hier versage ich. Das ist schlimm. Jämmerlich fühle ich mich. Sie hassen mich alle. Sogar die Lehrer, denn sie sehen weg. Ich kann mich nicht wehren und sitze nur da. Jeden Tag und in jeder Pause sitze ich einfach nur herum und verzweifle an meiner Furcht. Dabei will ich freundlich sein. Ich suche nur Freunde. Für einen Freund würde ich alles tun. Ohne Freund auf dieser Welt, da kann nur der Tod die Lösung sein. Dann gibt es keine Pause, keine hassenden Menschen und keine Tränen mehr. Das laute Geschrei verstummt. Mama wird weinen. Sie soll nicht weinen.

Wieder tritt das Mädchen zu. Der Schmerz, er ist unerträglich. Ich schluchze, beiße mir auf die Lippen. Alle lachen. Ich bin wütend und blicke das Mädchen an. Sie ist zierlich und hübsch. Doch da ist so viel Hass in ihren Augen. Dabei kenne ich sie nicht einmal. Mein Schienbein schmerzt. Es blutet ein wenig. Dann stehe ich auf. Ich komme ihr ganz nahe, sehe ihr in die Augen. Sie weicht nicht zurück. Die anderen schreien immer lauter. Ein Lehrer hat uns bemerkt und wedelt mit den Armen in der Luft. Er ruft irgendetwas. Ich hole aus und schlage zu. Das Mädchen fällt. »Mama soll nicht weinen!«, schreie ich die Menschen um mich herum an.

Autor: © Alexander Rossa 2024

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