Arena der Finger

Die Arena der Finger

Kleine Literatur und Geschichte über: Die Auseinandersetzung mit der Arena der Finger einer wischenden und tippenden Generation…

Emotionen in nur wenige Zeichen verpackt. Der ganzen Welt sich selbst in Canapés servieren. Glück, Sehnsucht und Traurigkeit, sie werden kontinuierlich und pausenlos in vielen Zeilen geschichtet. Eine Lasagne der Emotionen wird jeden Tag serviert. Kurze Filme, bunte Bilder und verschiedenste Kompositionen so vieler Menschen die sich nahe und zugleich fern sind, sie ziehen an mir vorbei. Eine Plattform ohne Grenzen erwartet mich. Man fordert meine Augen und meine Finger, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Wem folge ich und wohin? Wer folgt mir und sucht?

Für alle Fragen gibt es Antworten. Sie fliegen um mich herum, haften an und fallen ab, als wäre ich in einem Sturm der Gedanken gefangen. Gefühle mit Gedanken zu verbinden und ein daraus ein Erlebnis zu bilden, das ist wohl die wahre Kunst. Lächeln oder Tränen in die Gesichter zu zaubern, oft ist es das Ziel der tippenden und wischenden Massen. Wertschätzung, Anerkennung und kritische Sichtweisen alles das, es ist zumeist nur eine Sache des farbigen Herzens und stets nur einen Fingerklick weit entfernt.

Das massenhafte Mögen und Empfehlen sind die Währung, nach der sich alle sehnen. Interesse und nette Worte, sie erscheinen mir als das Geschmeide jener digitalen Welt, hinter der zahllose Finger stehen, die fleissig zeichenweise ihre Gedanken tippen. Sich die Hand zu geben, das sanfte Streicheln und sich tröstend in den Arm zu nehmen, es wurde auf die Fingerspitzen getrieben, verpixelt und weltweit annonciert. Nein, es wurde reduziert. Was bleibt, das ist ein buntes, quirrliges Anschlagbrett zahlloser Kopfkinos. Wildes Plakatieren ist erwünscht.

Kaum ist der Film jedoch aus, da ist man wieder alleine. Der Kiez ist wieder kühl und teilnahmslos, unangenehm präsent, drückend und real. Scheinbare Bedeutung fällt ab. Man erkennt hart seine Realität. Man hat auf Knopfdruck, knapp dosierte Wertschätzung erfahren. Sie ist zu einem Konsumgut mutiert. Wertschätzung hat sich bei den Schnelldrehern eingereiht.

Es war eine rasante Jagd und ein eifriges Sammeln, nur eine Art Spiel mit dem fundamentalen Ziel, ein wenig Aufmerksamkeit zu erhaschen. Schöpfungen, Produkte und das eigene Ich, alles präsentiert sich vor einem gnadenlosen Publikum der hastigen Fingerspitzen. Viele werden dabei einfach weggewischt. Mensch wird konsumiert und vergessen, nur um dann erneut erinnern zu können. Wo ist sie nur geblieben, die gehaltvolle Menschenwelt mit ihrer Fähigkeit, Werte zu erkennen, diese zu schätzen und sie zu bewahren?

Autor: © Alexander Rossa 2024

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