Wie finstere Geisterschiffe, so ziehen sie gemächlich an mir vorbei. Sie riechen stark, stinken nahezu, fast wie feuchter Moder, so ihr Geruch. Dort passieren sie die enge Kreuzung. Ich kann sie sehen. Nur ein leises Rauschen, manchmal ein tiefes Knarren ist zu hören. Es sind ihre Stimmen. Sie erscheinen mir, als ein Ausdruck des Bösen.
Diese Schiffe sind ohne ohne Mannschaft, mit Segeln in dunkler, grauer, fast schon schwarzer Farbe. Eine einsame Gestalt kauert auf den alten Planken und hat ihren Kopf tief gesenkt. Eine morbide wirkende, staubige Gestalt ist es, die dort regungslos und gebückt ausharrt. Es mag wohl der Kapitän des toten Schiffes sein, der dort gedrungen sitzt. Er ist völlig in sich gekehrt und scheint mit seinen Gedanken abwesend. Das fahle Mondlicht haucht eine vage Ahnung von eisigem Licht auf sein gebeugtes Haupt.
Auf jedem der schwarzen Schiffe zeigt sich das gleiche Bild. Ich kann sie gut sehen, die vielen einsamen Kapitäne auf ihren dunklen Schiffen. Dabei sitze ich selbst nur hier, auf einer kleinen Parkbank, mitten in der Stadt. Es ist Nacht. Die Luft ist lau, und vor mir hat das Mondlicht das frische Grün des Rasens kalkig und grau werden lassen. In der Nähe ziehen sie an mir immer wieder vorbei, diese schaurigen Schiffen. Vor ihnen fürchte ich mich sehr. In all den letzten Jahren habe ich mich nicht an sie gewöhnen können. Sie rauschen und knarren mürrisch immer wieder durch den Park und verbreiten ihren stillen Schrecken. Direkt aus einer Welt des Todes scheinen sie zu mir gesegelt zu sein.
Manchmal meine ich, ein leises Wimmern zu hören. Als würden ihre traurigen Kapitäne leise flehen und weinen, so hört es sich an. Kommen die finsteren Schiffe dann tatsächlich einmal ganz nahe an mich heran, kann ich die Aura der eiskalten Bretter fast schon auf meiner Haut spüren. Manchmal meine ich sogar, das leise Herabtropfen ihrer salzigen Tränen auf die alten Planken der Schiffe zu hören. Die alten Kapitäne, sie wirken schrecklich verzweifelt und scheinen so voller Sehnsucht. Fast meine ich, als wollten sie, das ich ihre Tränen höre. Die ganze Welt offenbart sich ihnen, wie ein graues Meer ohne Ufer und ohne jegliches Leben.
So sitzen sie einfach nur da, auf ihren klammen Brettern, die für sie die Welt bedeuten. Niemals habe ich in ihren müden Augen das Licht der Welt erblicken dürfen. Nicht einmal nur den Anflug von Freude, Hoffnung oder Glück vermochte ich zu erkennen. Sie vegetieren jeder für sich, auf ihrem verlassenen Schiff vor sich hin und folgen einem ungewissen und schattenhaften Kurs. Angetrieben werden sie von einem inneren Drang, dem bohrenden Instinkt nach Freiheit, nach Wärme und dem Licht des Lebens. Sie folgen ihrer selbst auferlegten Bestimmung.
Werden diese Kapitäne es jemals finden, jenes goldene Land, das tief in ihren Herzen vergraben liegt? Jede Nacht, da sehe ich sie, die unheimlichen Geisterschiffe. Immer wieder sehe ich sie, wenn ich hier auf meiner Bank sitze, und ich fürchte mich vor ihnen.
Autor: © Alexander Rossa 2024
Links zum Thema
Wikipedia: Geisterschiff
bild.de: Die zehn unheimlichsten Geisterschiffe