Überall Finsternis, Dunkelheit und unendliche Schwärze. Lichtlosigkeit ist voller Geheimnisse und wilder Dämonen. Unsichtbare Augen überall, sie beobachten mich. Fratzen gaffen. Besorgt wende ich mich um. Überall nur Schwärze, keine Hoffnung. Ich habe Angst, fürchte mich vor der Wildheit geifernder Tiere. Ein Biss, ein Hieb, reißende Zähne, sie erscheinen mir überall. Ich will fliehen und kann es nicht. Finsternis hüllt mich ein. Seltsame Gerüche beißen in der Nase und widern mich an.
Ob Blut, ob Pestilenz, die Luft scheint schwer und gesättigt damit. Vor mir ein bodenloser Abgrund. Ich weiß nicht, wo er endet. An meiner Seite scharfe Klingen. Es kann so sein, ich erahne sie. Die Dunkelheit, sie lähmt mich und lässt mich mit all meiner Furcht allein.
So schließe ich die Augen und träume von dem jungen Frühling. Von der aufgehenden Sonne und dem frohe Gesang der Vögel überall. Sanfter Wind streift meine Arme. Die Luft duftet betörend süß. In der Nähe ein kleiner Bach, er plätschert frisch, klar das Wasser und schön. Nackte Füße auf weichem Gräsergrund, Schmetterlinge im Haar. Summen der Bienen auf der Wiese und überall bunte Blumen. Alles erscheint hell und makellos und voller Leben. Alles ist mit mir. Kleines Reh in der Ferne, es trinkt kühles Naß am kristallenen Bach. Weiße Wolkenbäuche ziehen lautlos vorbei auf ihrem blauem Grund. Durchwirkt ist alles mit sprudelndem Leben und voller Pracht. Das Glück tief in mir, es frohlockt und singt, und es lächelt mich an. Das muntere Licht, es lässt mich strahlen und unbekümmert sein.
Doch dort an dem Baum in meiner Nähe, was sehe ich an ihm? Vor dem Licht der Sonne versteckt, da ist ein so finsterer Schatten. Er liegt fett und träge auf dem Gras. Vor lauter Angst sind die Pflanzen ergraut. Ich starre ihn an, bin schreckgelähmt. Das Herz, es pocht im Hals. Das kann nicht sein, es darf nicht, niemals hier, nicht in meinem Wunderreich. Zitternde Hände verbergen meine Augen und zum Schutze der Sonne. So bin ich verzweifelt, sehe eine Bastion in meinem Herzen bedroht. Furchtbar und übel qualvoll, so ist die Angst vor dem schwarzen Gebilde. Das Singen der Vögel, das Bienensummen, alles das, es ist verstummt. Die Stille, die blanke Angst, sie zwingen mich zum Öffnen meiner Lider. Ganz zaghaft und voller Scheu blicke ich mich um, in schwarzen Weiten. Ein leichtes Rot am Horizont der weiten Finsternis ist zu sehen, ein schwaches Glimmen.
Gebannt sehe ich es an. Welch Wunder, eine gleißende Kugel im Entstehen begriffen. Ein schwaches Glitzern vor meinen Augen, meine Finger sind ganz grau. Dunkelheit und Licht, ein gewaltiger Kampf, völlig still und auch atemlos. Lauter Gesang der Vögel, Publikum und Botschafter des nahenden Tages. Die strahlende Kugel, sie steigt behäbig auf, zwingt die Finsternis in die Nacht. Es erwachen leuchtende Farben, das Leben, die Luft im blühenden Licht. Mein Herz, es lacht und reckt sich der weiten Freiheit des Tages entgegen. Die Schwere der Luft, sie füllt sich allmählich mit dem betörenden Duft der Blumen. Schmetterlinge flattern ganz aufgeregt zum frischen Blau des Himmels empor. Vergessen ist die Angst und der Bann, entfacht das pure Leben auf der Welt ummich herum. Ich schließe die Augen, bin so frei, so unbekümmert und voller Lebensmut.
Plötzlich ein Schrecken: Da steckt sie nun, hat sich hier in meinem Schrecken verkrochen – die Finsternis.
© Alexander Rossa 2024