Aisling

Wenn es wieder kühler wird

In der letzten Zeit fühlte ich mich übelst. Es war diese überhitzte Welt, an der ich mich jeden Tag verbrannte. Wenn man ohnehin schon an chronischen Schmerzen leidet und einem das nicht enden wollende Seelenleid plagt, dann ist es eine überhitzte Welt, die einen Menschen regelrecht um seinen Verstand zu bringen vermag. Zudem bringt dieser Sommer offenbar nur noch Hitze, Schwüle und Unwetter hervor, die diese Sache nicht angenehmer gestaltet. Man munkelt, dass es der Mensch ist, der dieses Wetter verursacht, mit seiner fehlenden Liebe zur Umwelt und Natur. Im Prinzip ist es eine Form von Selbsthass und destruktiver Ignoranz seiner selbst, die Umwelt und die Natur zu misshandeln, deren Teil man selbst ist. Ich muss schmunzeln bei dieser Einsicht, da ich selbst ein Mensch bin, der sich nicht akzeptiert, sich ablehnt und selbst hasst. Alles scheint ein Werk dieses gewaltigen Hamsterrades zu sein, das wir Menschen uns gebaut haben und aus dem wir kaum mehr ausbrechen können.

Die letzten Tag der Hitze und Schwüle gingen mir sehr auf die körperliche Gesundheit. Dehydrierung, Überhitzung und aufflammende Entzündungen in den Gelenken triggerten meine Depressionen. Wie gut es ist doch, heute endlich etwas Entschärfung und Abkühlung erfahren zu dürfen. Ich habe fast automatisch mit der Entspannung begonnen, wieder mit meiner sichtbaren und nicht sichtbaren Umwelt zu sprechen. Man spürt regelrecht, wie das Leben um einen herum beginnt, wieder stärker zu pulsieren und versucht, zu interagieren. Sanfte Stille und rauschender Wind im Blattwerk der Bäume wirken wie Streicheleinheiten. Vergessen sind die Proleten des gestrigen Abends, die jedes Tor der Nationalmannschaft mit ohrenbetäubenden, offensichtlich militärischen Detonationskörpern direkt vor unserem offenen Fenster feiern mussten. Unser Hund hat darunter am meisten gelitten, indem er panisch nach einem Unterschlupf suchte, den er nicht finden konnte, da man so einem Lärm nicht entkommen kann – jedenfalls als unschuldiger Hund. Irgendwie nähren solche empathielosen und einfältigen Menschen meine handfesten Zweifel an der Zivilisation. Doch wer bin ich schon? Meine Zeit läuft täglich ab, und nach ihr, das schmale und seichte Andenken an mich. ist das anklagenswert? Nein, seit zahllosen Generation von Menschen wiederholt sich das imer wieder und wieder. Das Leben und Ableben ist im derzeitigen Konzept eben so. Viel hat der Mensch in all den Jahrtausenden an dieser gelebten Tristesse auch nicht verändert. Er hat vieles verändert, aber solche fundamentalen Dinge zu modernisieren, daran scheint ihm nicht viel mehr zu liegen, als grosse Steine hinzustellen, in denen die Namen der Verstorbenen gekratzt wurden. Vielleicht ist das bereits ein erster Hinweis seiner mangelnden Empathiefreudigkeit. Doch möchte man das überhaupt, dass sich die Menschen ewig an einen Mitmenschen erinnern? Beziehungsweise interessiert den betroffenen Mitmenschen das überhaupt noch, wenn er tot ist?

Nun bin ich jedenfalls froh, dass es heute kühler und entspannter ist und mein Körper mit seiner Regeneration beginnt. Das Standardleid bei mir ist bereits krass genug, als dass ich diese zusätzlichen Belastungen dauerhaft aushalten kann. Mir ging es die letzten Tage richtig schlecht, und ich hatte mein Restleben mehrfach handfest verflucht. So hat halt jeder seinen eigenen kleinen Krieg zu führen jeden Tag, auch ohne kriegstreibende Zeitgenossen im Hintergrund.

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