»Alles das, was Du so sehr begehrst, es liegt auf der anderen Seite Deiner Furcht.«
Es ist Morgen.
Ich öffne die Tür.
Die Klinke ist unerwartet kühl. Ja, fast schon kalt ist sie sogar.
Das Öffnen der Tür erscheint mir heute ungewohnt schwer.
Ich spüre ein leichtes Jucken und Brennen in der Kniekehle.
Das irritiert mich, lenkt mich ab.
Die Tür schrammt beim Öffnen an meinem Arm vorbei.
Leichter Schmerz ist deutlich zu spüren und spannt die feinen Muskeln in meinem Gesicht etwas an.
Die Scharniere der Tür, sie geben bei ihrer Bewegung ein knarrendes Geräusch von sich.
Aufgeregtheit bemerke ich in mir.
Bin ich vielleicht nur wegen der Tür gereizt?
Es ist nur eine ganz feine, aber doch unangenehme Nuance von Wut in mir wahrzunehmen, die in meiner Magengegend ein wenig kribbelt.
Dieses Kribbeln erzeugt Spannung, und die Spannung verändert meinen Blutdruck. Ich spüre das deutlich. Als wäre dort ein Draht, der Seele und Körper miteinander verbindet.
Einen ziemlich starken Luftzug nehme in meinem Gesicht wahr.
Ich spüre, wie sich die Haare in meinem Nacken ein wenig aufstellen.
Erneut bin ich überrascht.
Meine inneren Nasenwände, sie schmerzen ein wenig als die kalte Luft an ihnen vorbei rauscht. Doch dieser Luftzug, er enthält auch eine sehr angenehm süßliche Note.
Sofort bin ich an Weiblichkeit erinnert.
Meine Aufmerksamkeit geweckt.
Es ist hell im Vorflur.
Fast blendet mich das Licht dort sogar ein wenig.
Ich blicke auf und atme tief ein.
Dann sehe ich sie.
Maike ist an diesem Morgen wieder da.
Dort steht sie direkt vor mir.
Unsere Blicke treffen sich.
Ihre Augen wirken auf mich hellwach, und sie sind ganz klar.
Sie lächelt mich an und verzaubert mich auf der Stelle.
Nur ganz wenig ist sie heute wieder geschminkt.
Etwas Lippenstift hat sie auf ihre vollen Lippen aufgetragen.
Er schimmert ein wenig und ist verführerisch.
An den Augen hat sie ein wenig Farbe aufgebracht.
Nur ein ganz feiner Farbton ist es, der dort auf mich wirkt.
Ihr schwarzes Haar lädt mich sofort zum Träumen ein.
Sie trägt einen schmalen Rock, fast ein wenig zu sehr sexy und nahezu richtig verwegen. Doch Maike, sie sieht darin wunderbar weiblich aus.
Sofort ist bei mir sexuelles Verlangen da, als wäre in mir eine scharfe Gefühlsgranate explodiert.
In meinem Mund fühlt sich alles wärmer an. Speichel fließt zusammen.
Ihre Finger sind auch heute auch wieder sehr gepflegt.
Sie wirken ganz fein, samtig und ungemein ästhetisch auf mich.
Man will von ihnen auf der Stelle berührt werden.
Ich liebe ihre dünnen Frauenfinger mit diesen lustig bunt lackierten Fingernägeln. Wie gerne würde ich sie auf meiner Haut spüren, um von ihren Fingern sanft gestreichelt und liebkost zu werden.
Schöne und edel wirkende Schuhe trägt sie heute dazu, ganz ordentlich, sauber und sehr gut gepflegt.
Sie zieren ihre langen Beine ungemein. Maike steht auf ihnen sicher, und sie sind leicht gespreizt. Warum spreizt sie ihre Beine immer ein wenig?
Das ist seltsam…
Ich bilde mir das nicht ein.
Man ist provoziert, sich ihre Scham auszumalen.
Das ist eine verwegene und sehr verruchte Vorstellung.
Plötzlich ist der Gedanke an meine Turnschuhe da.
Die Bilder von meinen alten und schlecht gepflegten Tretern sind in meinem Kopf einfach präsent. So habe ich mir das nicht gewünscht. Ich wage jetzt nicht, offen meine Schuhe anzusehen.
Das ist mir peinlich. Verunsichert bin ich. Diese Unsicherheit dämpft mein Verlangen nach Maikes Nähe auf der Stelle.
Hinter mir fällt die Tür in ihr Schloss.
Das Geräusch dazu, es wirkt auf mich laut, reichlich grob, und es ist auch sehr unpassend.
Wie gerne wäre ich jetzt auf Maike einfach zu gestürmt, hätte sie umarmt und sie stürmisch geküsst. Ihren Geruch würde ich dabei gierig aufzusaugen versuchen.
Es wäre der mutige und forsche Versuch, einfach alles mitzunehmen, was man von ihr bekommen kann. Hinter ihren Ohren würde ich schnuppern, mit ihrem Ohrläppchen spielen und ihr den warmen Nacken streicheln. Die vielen feinen Härchen dort, sie verlocken mich schon seit Ewigkeiten.
Doch meine Füße, sie scheinen auf dem Boden nahezu festgeklebt zu sein. Ich stehe da, als wäre ich versteinert.
Mehr und mehr Speichel sammelt sich in meinem Mund.
Es fühlt sich an, als würde sich meine Haut allmählich immer weiter über meinem Fett, dem Fleisch und den Muskeln zusammen ziehen.
Mein Körper scheint mir viel zu eng zu werden.
Blut schießt mir unter der Haut, direkt in mein Gesicht.
Meine Wangen fühlen sich plötzlich heiß an.
Maike wird die Röte erkennen.
Ganz sicher wird sie das.
Sie ist eine Frau.
Frauen erkennen solche Dinge sofort.
Mein Mund öffnet sich automatisch und mir viel zu langsam.
Die kühle Luft im Mund, sie löst einen stechenden Schmerz in meinen linken Eckzahn aus. Das stört mich. Der Schmerz in meinem Arm jedoch, er ist inzwischen einem leichten Pochen gewichen. Achtet man auf diese ganzen Reize, dann ist man ziemlich beschäftigt.
Maike wird meine Zunge sehen.
Ganz sicher wird sie meine Zunge bemerken.
Dieser nasse Zungenlappen, er ist ein klarer Hinweis auf meine schnöde und gewöhnliche Gier.
Mir ist das unangenehm, und ich bin verlegen.
Sofort reagiere ich, schließe meinen Mund wieder und schlucke rasch den Speichel hinunter.
Unauffällig versuche ich, ihn zu schlucken. Maike darf es nicht bemerken.
Doch meine Zunge, sie will immer wieder über meine Lippen lecken.
Es ist ein innerer Drang, fast schon ein Reflex.
Kaum kann ich mich gegen diesen Zwang wehren, so sehr ich mich auch bemühe. Sie will einfach nur schmecken, erforschen und liebkosen.
Ich atme inzwischen bewusst durch die Nase.
Bestimmt wirke ich sehr verkrampft auf Maike, weil ich es tatsächlich auch bin. Zu wenig Luft habe ich meinen Lungen.
Jämmerlich bin ich. Aber es steht zu viel auf dem Spiel.
In der Nacht hat der Wind ein paar Blätter in den Vorflur geweht.
Sie liegen wirr auf dem Boden verteilt.
Ein leichter Wind ist zu spüren.
Einige dieser bunten Blätter, sie tanzen wegen der Zugluft raschelnd einige Zentimeter über den Boden.
Der Herbst ist da, man erkennt ihn deutlich.
Maike lacht mich inzwischen offen an.
Sie hat ganz tadellose und weiße Zähne.
Ein wenig von ihrer Zunge kann man dabei erkennen.
Ihre Lippen sind gespannt und haben ihre Farbe ein wenig verändert.
Sie sehen rosig, frisch und unendlich weich aus.
Man muss diese sagenhaften Lippen einfach küssen wollen.
Ein Narr wäre ich, würde ich kein Verlangen danach verspüren.
Ihr Parfüm betört mich weiterhin.
Ich möchte es riechen und eins mit ihm werden.
Maikes Geruch wünsche ich mir ich aufnehmen zu können, um ihn für immer zu bewahren.
Doch ihre aufmerksamen Augen und wachen Blicke, sie erziehen mich gekonnt und effektiv zur Zurückhaltung. Hinter diesen klaren Augen steckt eine reife Persönlichkeit. Das starke Wesen einer selbstbewussten Frau ist zu erkennen.
Wenn Maike mich ansieht, dann drängt mich ihr Blick zur Vernunft.
Als wäre ich ein wildes Pferd, das mit großem Können in seine Reisebox gedrängt wird, so fühlt es sich an, treffen sich unsere Blicke.
Meine körperliche Gier, sie wird behutsam, aber bestimmt, in ihre Schranken verwiesen und was bleibt, das ist ein quälendes Verlangen. Als wäre es eine im Käfig gefangene Raubkatze, so springt das Verlangen nach Maike in mir fauchend herum. Ich möchte jetzt wenigstens ihr Wesen erkunden, ein wenig von ihr, für mich bewahren können.
Maike ist so ungemein weiblich, fast schon ein mysteriöses Wesen.
Ihre Ausstrahlung berührt mich in meinem Innersten.
Die Worte aus ihrem Mund, sie klingen weich und nett.
Ihre Töne schmeicheln meiner Seele.
Dann spüre ich plötzlich einen Juckreiz auf der Stirn.
Meine Hand wischt ein wenig über die Haut.
Es liegt eine knisternde Spannung in der Luft.
Mann und Frau bewegen sie nun aufeinander zu.
Sie möchten beide den Fahrstuhl erreichen.
Ich sehe blitzschnell an ihrem Körper herab.
Ihr Körper ist einfach wunderbar.
Wenn sie sich bewegt, dann sehe ich auf ihren Hintern.
Meine Augen wandern an ihren Schenkeln entlang, als wären sie Hände, die alles ertasten wollen. Dann steigt mein Blick langsam wieder auf, bis er die Wonnen ihrer wohlgeformten Brüsten erreicht.
Alles das, es geschieht fast mechanisch. Den Blick jetzt steuern zu können, erscheint mir fast unmöglich.
Fast vergesse ich sogar, beim Schauen noch zu atmen.
Maike verwirrt mich. Sie beherrscht mich fast.
Während sie sich nun langsam zur Aufzugtür dreht, da fällt ihr schwarzes Haar auf die andere Körperseite.
»Guten Morgen, Maike…«, spreche ich plötzlich Maike an.
Meine Stimme wirkt dabei leise und unsicher auf mich.
Ich bin von meiner Ansage selbst überrascht.
Ihr Gesicht kann ich nicht sehen. Sie hat mir ihren Rücken zu gedreht.
Sofort wandert mein Blick wieder über ihre Taille, auf ihren traumhaften Po. Ich fühle mich auf einmal, als hätte ich mich selbst ertappt.
Ein leises Räuspern wird in meiner Kehle geformt.
Mit Hilfe der warmen Atemluft, wird das einfache Geräusch, in die Freiheit transportiert.
Sie dreht sich zu mir um und lächelt wieder süß wie Zucker.
Mein Herz zieht sich augenblicklich zusammen.
Ich höre das Rascheln einiger Blätter auf dem Boden.
Der Gürtel meiner Hose, er fühlt sich auf einmal zu eng und unangenehm schnürend an.
Alles an mir, es stört auf einmal.
Mir scheint es fast, als zwinkert sie mir sogar ein wenig zu.
Kann das sein?
Hat sie mein Verlangen und meine gierigen Blicke womöglich doch bemerkt?
»Das ist ein ziemlich blöder Morgen heute. Ich bin wieder einmal viel zu spät dran.«, beschwert Maike sich.
Einige Strähnen ihrer Haare, sie legen sich dabei in ihr Gesicht.
Maike sieht damit sofort ein wenig wilder und rassiger aus, als noch einige Augenblicke zuvor.
Das gefällt mir.
Ich möchte ihr Haar sanft berühren.
Die Strähnen möchte ich am liebsten aufnehmen und sie liebevoll in das restliche Haar zurück drappieren.
Das wäre immerhin die Chance für eine Berührung.
Dafür fehlt mir jedoch der Mut und auch die Zeit.
Es ist wirklich schon spät.
Ich spüre ein Kneifen im linken Auge, als wäre mir dort etwas Schmutz hinein gelangt. Zwinkern muss ich. Dieses Zwinkern lässt mich albern aussehen. Jedenfalls bilde ich mir das ein.
Dann blicke ich auf den Boden.
Maike beobachtet mich aufmerksam dabei.
Fast schon mustert sie mich.
Ich kann es deutlich spüren, wie ihr Blick auf mir liegt.
Alles scheint mir heute ein wenig langsam zu sein.
Nervös bin ich.
Von der Kühle in der Luft spüre ich jetzt nichts mehr.
Maike bleibt einen Augenblick ganz regungslos.
Das habe ich nicht erwartet.
Sie drückt nicht auf den Fahrstuhlknopf.
Eigentlich sollte sie ihn drücken.
Meinen ganzen Mut nehme ich zusammen.
Meinen Puls spüre ich jetzt deutlich.
Die Augen beginnen damit, ein wenig zu brennen.
Dann wage ich zwei kleine Schritte vorwärts, an ihr vorbei.
Mein Arm und ihr Oberkörper berühren sich ganz leicht.
Deutlich kann ich ihren weichen Körper spüren.
Ihr Duft ist in ihrer Nähe intensiver.
Fast schon betörend wirkt er auf mich.
So nahe bin ich ihr, dass ich den Duft ihrer Gesichtscreme wahrnehmen kann. Er erinnert mich an die Zeit, als ich noch ein kleines Kind war.
Nach dem langen Baden am Abend, da war ich anschließend immer ganz sauber und eingecremt. Dann habe ich auch immer so gerochen.
Ich hebe meinen Arm.
Dann strecke ich meinen Zeigefinger.
Den Fahrstuhlknopf drücke ich.
Deutlich kann ich das eingearbeitete Pfeilsymbol dabei mit dem Finger ertasten.
Ich höre, wie sich die Tür des Fahrstuhls ganz unten im Fahrstuhlschacht des Hauses schließt.
Autor: © Alexander Rossa 2024