Phantastik oder wahre Wunder entscheide selbst bei dem ersten Kapitel vom EBook »Wundervolle Nasha«:
Nach so langer Zeit, es sind immerhin bereits zumindest vierzig echte und gelebte Jahre, kann ich mich noch gut an meine erste bewusste Begegnung mit „dem Ungewöhnlichen“ erinnern. Ich war noch ein kleiner Junge. So eine Art Junge war ich, den man bereits früh am Abend in sein Kinderbett legte, damit er nur rasch einschläft. Da ich bereits als kleiner Racker immer ziemlich aktiv war, zumeist nicht ans Schlafen denken wollte, versuchte ich immer wieder aus meinem Kinderbett zu entfliehen. Meine Kreativität bei dieser Disziplin, sie war außerordentlich. Aus eben diesem Grund, hatten meine Eltern die Gitter des kleinen Betts immer ganz weit nach oben geschoben, um mir die Flucht zu erschweren.
Eines Abends lag ich also wieder einmal in diesem langweiligen, kleinen Bett. Ich konnte und wollte nicht einschlafen. Ganz andere und viel spannendere Dinge hatte ich im Kopf. Meine Eltern hielten sich im Wohnzimmer auf. Es war ziemlich dunkel in meinem Zimmer. Aber dennoch waren die Umrisse von allen Gegenständen und Möbeln im Raum noch ziemlich gut zu erkennen.
Plötzlich vernahm ich etwas, was meine kindliche Aufmerksamkeit und Neugier auf sich zog. Dann war es wieder ganz still.
Nach einer Weile war es erneut zu hören. Es war ein leises Rascheln. Da war doch etwas…
Meine ganze Aufmerksamkeit war in jene Richtung gelenkt, in der ich die Quelle dieses ominösen Geräusches vermutete. Dann entdeckte ich hinter dem Schrank etwas, was mich in Angst und Schrecken versetzte. Es sah so aus, als wären dort vier Fingerspitzen, die sich langsam hinter dem Schrank empor schoben. Es war dabei ein seltsames Wispern zu hören. Ein ganz feines Geräusch war es, mehr eine Art leises Flüstern, das meine Furcht nicht gerade schmälerte. Ich fürchtete mich damals sehr. Ein kleiner Junge war ich eben nur, nicht mehr. Gebannt starrte ich auf den Schrank. Allmählich erschien dort vor meinen Augen eine ganze Hand, dann dazu ein Handgelenk und der Ansatz eines männlichen Armes. Dieser ganze Arm, er schob sich hinter dem Schrank fast völlig senkrecht nach oben. Dabei sah er sehr unnatürlich aus, als würde jemand hinter dem Möbel stehen und zur hohen Zimmerdecke greifen wollen. Wir wohnten damals immerhin in einem Altbau. Da sind die Zimmerdecken stets ziemlich hoch. Die Hand war dann ganz deutlich zu erkennen. Meine Angst, sie wuchs zu einer regelrechten Panik heran.
Ich kann mich sogar heute noch gut an die Furcht erinnern. Dazu hörte man permanent dieses seltsame Geräusch. Man hatte dazu das unbeschreibliche Gefühl, dass etwas nicht stimmte oder nicht normal war. Dieses Geschehen war eben an diesem Abend etwas, was hätte nicht sein sollen. Auch konnten es nicht meine Eltern gewesen sein, die nur nach etwas im Zimmer griffen. Der Schrank stand damals zu weit von der Tür entfernt. Immerhin war ich damals noch ein Kind und wusste nicht, was dort vor sich ging. Instinktiv wusste ich jedoch damals schon, dass es etwas Ungewöhnliches war Ich hatte Angst. Dann begann ich zu schreien. Natürlich begann ich zu schreien. Richtig hysterisch schrie ich meine armen Eltern herbei, die auch sogleich angelaufen kamen, um nach mir zu sehen.
Erschrocken öffneten Vater und Mutter die Tür und kamen in das Kinderzimmer. Sie sahen mich mit meinen verweinten, roten Augen in meinem Bettchen stehen. Völlig aufgelöst war ihr Kind. Meine Mutter nahm mich hoch. Ich weinte noch immer sehr und war völlig verängstigt. Meine Eltern beruhigten mich. Sie nahmen mich damals nicht sonderlich ernst. Immerhin weinten kleine Jungen oft, wenn sie alleine schlafen sollten, dieses aber nicht wollten. Für sie war das nicht wirklich ungewöhnlich. Vielleicht hatte ich auch nur etwas Schlimmes geträumt? So denken Eltern doch meistens.
Also legten sie mich nach einiger Zeit wieder in mein kleines Bettchen zurück. Ich hatte mich in den Armen meiner Mutter wieder etwas beruhigt. Doch konnte ich nicht mehr einschlafen. Viel zu viel Angst hatte ich damals. Das ist schon so lange her. Doch ich weiß noch alles so gut, als wäre es erst gestern gewesen. Seltsame Sache war das damals.
So weiß ich heute ebenfalls noch, dass ich ewig lange wach gelegen hatte. Ich fürchtete mich noch lange vor vor diesem Phänomen und das diese unheimliche Hand mit dem seltsamen Flüstern wiederkommen würden. Bis zum heutigen Tag bin ich mir absolut sicher, dass ich an diesem Abend nicht nur geschlafen und dieses Erlebnis nicht nur einfach geträumt hatte. Zu einprägsam und zu deutlich war das Bild von der unheimlichen Hand. Auch in den folgenden Jahren meiner Kindheit dachte ich immer wieder an dieses Erlebnis.
Seit damals fühlte und fühle ich mich niemals wieder völlig alleine. Immer wieder hatte ich in den nachfolgenden Jahren den Eindruck, dass es da noch mehr gab, einfach mehr als alle jene Dinge und Wesenheiten, die man ansonsten und ganz normal sehen konnte. Zwar lebte ich als Kind auch mit vielen Phantasien und Vorstellungen. Natürlich war das damals so. Es waren eben diese typischen Erfindungen und Vorstellungen eines Jungen. Doch gab ab diesem Erlebnis in meinem Leben immer eine ganz andere, besondere Ebene, die für mich nicht nur Phantasie oder kindliche Spielerei war. Sie war mehr eine Ahnung, dass es neben jener offensichtlichen Realität, auch eine verborgene, heimliche Welt geben musste.
Diese Welt im Schatten, sie war ein echter Teil meiner Realität geworden. Ich versuchte die Ahnung ihrer Existenz immer wieder damit zu verarbeiten, indem ich mit meinem Vater sprach. Es handelte sich dabei nicht, wie man eventuell zunächst annehmen mag, um meinen lebendigen, echten Vater, sondern um einen göttlichen Vater. Ja, ich glaubte fest an eine Art Überwesen und Gott, der für mich ein Freund war. Er gab mir eine gewisse Geborgenheit, die viel tiefer wirkte als jene Geborgenheit, die ich bei meinen Eltern spürte. Ich kam zudem aus einer christlichen Familie und verarbeitete mein Leben immer wieder durch Gespräche mit meinem göttlichen Vater. Er war für mich immer erreichbar und einfach immer da, was ich von meinem leibhaftigen Vater nicht gerade behaupten konnte. Ich bildete mir ein, das dieses göttliche Wesen mich beschützen würde, besonders auch gegen diese nicht erklärbaren und mir übermächtig erscheinenden Begegnungen, mit den Elementen einer nicht fassbaren Welt.
Für ein Kind und einen jungen Menschen war das eine extreme Belastung. Immer wieder begegnete ich schattenartigen Wesen, die durch mein Leben huschten. Das erlebte ich bereits während meiner gesamten Kindheit immer wieder. Als junger Mensch spielte ich zumeist relativ ungezwungen mit diesen Phänomenen und experimentierte mit ihnen herum. Ich spielte mit dem Blitzlicht einer Kamera, um die Reaktionen dieser Schatten zu überprüfen und diese zu beobachten. Dann versuchte ich mich als Jäger, um diese Wesenheiten zu verfolgen und sie zu jagen. Sie tauchten gerne hinter Mauervorsprüngen auf, waren im Grau der Dämmerung in meiner Nähe, lauerten hinter Bäumen und Büschen. Ich kann mich heute noch ganz genau an die Monster hinter der Mauer in Flensburg erinnern. Sie wurden einfach in unser Spiel mit einbezogen. Sicher stellen sich Kinder gerne imaginäre Wesen vor, um ihr Spiel mit ihnen zu bereichern. Das kommt oft vor.
Doch zu diesen »normalen« imaginären Welten, da gesellten sich diese anderen Wesenheiten auf eine ganz andere Weise einfach mit hinzu. Sie waren besonders. Diese Wesen waren real. Sie waren ein echtes Element unserer Welt. Die imaginären Wesen, sie waren unwirklich. Mein göttlicher Vater war ein wieder anderes Phänomen. Er war eine Gestalt des Glaubens. Kinder sind ganz natürlich und so wunderbar unkompliziert, wenn es um solche Phänomene geht. Es ist ihre Phantasie und ihre Unbekümmertheit, die sie unbekannte Dinge leichter verarbeiten lässt. Die Phantasie eines göttlichen Vaters, sie war ein sehr hilfreiches Instrument, mit dem ich diese ungewöhnlichen Dinge, die Unsicherheit und die Ängste besser bewältigen konnte. Doch waren diese Wesenheiten, die Schatten und diese paranormalen Geschehnisse immer präsent. Es war nahezu unmöglich für meine Eltern mit ihrem religiösen Background, derartige Erzählungen und Berichte eines Kindes, als real und echt zu erkennen. Sie nahmen mich niemals ernst, obwohl sie selbst derartige Erlebnisse hatten, wie sie mir später berichteten. Kinder waren eben nur Kinder.
Autor: © Alexander Rossa 2024